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Florus
Varusschlacht
Museum
Kalkriese |
Lucius Annaeus
Florus, nach Titus Livius 2,30,21-39
21.
Hätte er [Kaiser Augustus] es doch nicht für so wichtig gehalten, auch
Germanien zu besiegen! Die Schande des Verlustes war größer als der
Ruhm des Gewinns.
22. Doch da er wusste, dass sein (Adoptiv)-Vater
Gaius (Iulius) Caesar zweimal mit einer Brücke den Rhein überschritten
und den Krieg gesucht hatte, begehrte er heftig, es jenem zur Ehre zur
Provinz zu machen, und es wäre auch geschehen, wenn die Barbaren unsere
Laster ebenso wie unsere Befehle hätten ertragen können.
23. Drusus wurde in diese Provinz abgesandt
und unterwarf als erster die Usipeter, danach durchzog er das Gebiet der
Tenkterer und der Chatten. Mit Beutestücken und Feldzeichen der
Markomannen schmückte er einen hohen Hügel wie ein Siegesdenkmal.
24. Dann griff er gleichzeitig die stärksten
Stämme an, die Cherusker, Sueben und
Sugambrer, die 20 Centurionen ans Kreuz geschlagen und, als hätten sie
damit einander den Treueid geleistet, den Krieg begonnen hatten.
25. Die Cherusker
hatten sich die Pferde, die Sueben das Gold und Silber, die Sugambrer
die Gefangenen ausgewählt; doch alles kam gerade umgekehrt. Denn der
Sieger Drusus teilte die Pferde, das Vieh, ihre Halsringe und sie selbst
als Beute auf und verkaufte sie.
26. Außerdem verteilte er zur Sicherung der
Provinz Besatzungen und Wachmannschaften überall entlang der Maas, der
Elbe und der Weser. Am Rheinufer ließ er mehr als 50 Kastelle
errichten. (Die Orte) Borma und Gesoriacum verband er durch Brücken und
sicherte sie mit einer Flotte.
27. Den bis dahin noch nie gesehenen und
betretenen Hercynischen Wald machte er zugänglich. Schließlich
herrschte in Germanien solcher Frieden, dass die Menschen verändert,
das Land ein anderes, selbst das Klima milder und lieblicher als gewöhnlich
schien.
28. Endlich, nachdem der tapfere junge Mann
dort gestorben war, verlieh ihm der Senat selbst - nicht aus
Schmeichelei, sondern wegen seiner Verdienste - den Beinamen dieser
Provinz, was sonst noch nie vorgekommen war.
29. Aber es ist schwieriger eine Provinz zu
halten als sie zu schaffen. Sie werden gewonnen durch bewaffnete Gewalt,
aber durch das Recht gehalten.
30. So war die Freude nur kurz. Denn die
Germanen waren eher besiegt als gebändigt; und unter dem Feldherrn
Drusus respektierten sie unsere Lebensart mehr als unsere Waffen. Nach
seinem Tod begannen sie die Gier und den Hochmut nicht weniger als die
Grausamkeit des Quintillius Varus zu
verabscheuen.
31. Er wagte es, einen Landtag abzuhalten und
erließ unvorsichtige Edikte, gerade so, als ob er der Gewalttätigkeit
der Barbaren mit den Ruten des Lictors und der Stimme des Herolds
aufhalten könne.
32. Jene aber, die schon lange wegen ihrer
rostigen Schwerter und untätig herumstehenden Pferde murrten, als sie
der (römischen) Toga und der Gerichtsentscheidungen die grausamer als
Waffen waren, gewahr wurden, griffen unter der Führung des Arminius
zu den Waffen.
33. Inzwischen vertraute Varus
so auf den Frieden, dass er nicht einmal zu erschüttern war als
Segestes ihm als einziger der Fürsten die Verschwörung verriet.
34. So griffen sie den Ahnungslosen und nichts
derartiges Befürchtenden überraschend an, als jener - welche
Sorglosigkeit! - vor Gericht lud, und von allen Seiten brachen sie
herein. Das Lager wurde ausgeraubt, drei Legionen überwältigt.
35. Varus folgte dem allgemeinen Untergang mit
dem gleichen Schicksal und im gleichen Geist wie (Lucius Aemilius)
Paulus an dem Tag von Cannae.
36. Nichts war grausamer als dieses Gemetzel
in Sümpfen und Wäldern, nichts war unerträglicher als der Hohn der
Barbaren, besonders aber gegen die Gerichtsherren.
37. Den einen stachen sie die Augen aus,
anderen hieben sie die Hände ab; einem wurde der Mund zugenäht, zuvor
aber die Zunge herausgeschnitten. Diese hielt einer der Barbaren in der
Hand und rief: »Du Viper, endlich hast du aufgehört zu zischen«.
38. Selbst der Leichnam des Konsuls, den die
Soldaten aus Ehrfurcht begraben hatten, wurde wieder ausgegraben.
Feldzeichen und zwei Legionsadler besitzen die Barbaren noch heute;
bevor der dritte in die Hände der Feinde fallen konnte, riss ihn der
Standartenträger ab, steckte ihn in die Öffnungen seines Wehrgehenks
und verbarg sich so im blutigen Sumpf.
39. Diese Niederlage bewirkte, dass die (römische)
Herrschaft, die an der Küste des Ozeans nicht haltgemacht hatte, am
Rheinufer ihre Grenze fand.
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