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Herodot

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Polykrates Ende

Drittes Buch, Kapitel 122/125

Schon um die Zeit aber, da Kambyses krank war, trug sich folgendes zu. Von Kyros eingesetzt war Statthalter in Sardes Oroites, ein Perser. Der bekam Lust zu einer Tat, die abscheulich war. Denn obwohl Polykrates aus Samos ihm nichts getan noch leichtfertig über ihn geredet, ja er ihn nie zuvor gesehen hatte, so bekam er dennoch Lust, ihn zu fangen und umzubringen, und das, wie die meisten erzählen, wohl aus folgendem Grunde. An des Großkönigs Pforte saßen einmal Oroites und ein anderer Perser, der hieß Mitrobates, Herr des Bezirks von Daskyleion, diese kamen also vom Reden ins Streiten und gerieten aneinander; und wie sie sich maßen in ihrer Tüchtigkeit, sprach Mitrobates höhnend zu Oroites: «Du willst also als Mann zählen und hast dem König die Insel Samos, die vor der Tür deiner Herrschaft liegt, nicht zugebracht, die doch so leicht zu bezwingen ist, wo so ein Einheimischer, der mit ganzen fünfzehn Bewaffneten einen Aufstand machte, sie in die Hand bekam und jetzt ihr Herr ist.» Die einen erzählen also, als er das hörte, sei ihm der Vorwurf durchs Herz gegangen und das Begehren aufgestiegen, nicht etwa Rache zu nehmen an dem, der ihn geschmäht, als vielmehr Polykrates auf alle Weise zu verderben, dessentwegen er verhöhnt war. Einige wenige aber erzählen, Oroites habe einen Herold nach Samos gesandt mit irgendeinem Ersuchen - denn worum es ging, wird nicht erzählt -, und Polykrates habe grade im Saal auf seinem Ruhebett gelegen, und Anakreon von Teos sei auch dagewesen. Und tat er's nun mit Absicht und wollte zeigen, wie wenig ihm Oroites' Macht bedeutete oder fügte es ein Zufall so - Oroites' Herold nämlich trat ein und richtete seinen Auftrag an ihn, und Polykrates - er lag nämlich grad mit dem Gesicht zur Wand - kehrte sich nicht um und gab keine Antwort. Das sind also die beiden Ursachen, die man vom Tod des Polykrates erzählt, und von ihnen kann jeder die annehmen, die ihm paßt.
Oroites nun, der damals seinen Sitz in Magnesia hatte, das oberhalb des Flusses Maiandros liegt, sandte Myrsos, Gyges' Sohn, einen Lyder, nach Samos mit einer Botschaft; denn er hatte bemerkt, was Polykrates im Sinn hatte. Polykrates ist nämlich unseres Wissens der erste unter den Hellenen, der seinen Sinn auf die Herrschaft zur See richtete. Von Minos in Knossos kann man absehen und wenn sonst noch einer vor diesem über die See herrschte; unter denen aber, von denen man bloß als Menschen berichtet, ist Polykrates der erste, und und davon habe ich ganz sichere Nachricht. Bring mich nun hier heraus, mich selbst und meine Schätze, und behalte du dann einen Teil davon, den Rest aber laß mich behalten, und soweit es am Geld liegt, wirst du Herr werden über ganz Hellas. Wenn du mir aber das mit den Schätzen nicht glauben willst, schick einen, dem du besonders vertraust, ihm will ich sie zeigen.»
Als Polykrates das hörte, freute er sich und war bereit. Und wie sollte er nicht, sehnte er sich doch sehr, Mittel in Fülle zu haben. Zuerst entsandte er zur Einsichtnahme Maiandrios, Maiandrios' Sohn, einen der Bürger, der sein Schreiber war. Der war es auch, der nicht lange darauf den Schmuck, den aus dem Saal des Polykrates, und der war das Sehen wert, insgesamt als Weihgabe im Heiligtum der Hera aufstellte. Als aber Oroites erfuhr, daß der Kundschafter zu erwarten war, tat er wie folgt: Er füllte Truhen mit Steinen bis hart unter den Rand, oben aber über die Steine legte er Gold, band dann die Truhen zu und hielt sie bereit. Maiandrios aber kam und schaute und meldete es Polykrates.
Der aber, so sehr die Seher abrieten, so sehr die Freunde, rüstete sich, selber hinzureisen, obgleich nun auch noch seine Tochter solch ein Traumgesicht hatte: Ihr schien, der Vater schwebe hoch in der Luft und werde gebadet von Zeus und gesalbt von der Sonne. Weil sie dieses Gesicht gesehen, wandte sie alles auf, daß Polykrates nicht zu Oroites reiste, ja als er schon an Bord des Fünfzigruderers ging, rief sie ihm ahnungsvolle Worte nach. Er aber drohte ihr, käme er gesund zurück, sollte sie lange warten mit der Heirat. Und sie betete darum, daß es so komme; wolle sie doch lieber lange unverheiratet bleiben als den Vater verlieren.
Aber Polykrates mißachtete jeden guten Rat und fuhr zu Oroites, und hatte bei sich viele seiner Genossen, und darunter auch Demokedes, Kalliphons Sohn, aus Kroton, der ein Arzt war und diese Kunst geschickter betrieb als alle seiner Zeit. Aber als Polykrates nach Magnesia kam, fand er ein schmähliches Ende, unwürdig des Mannes und seiner stolzen Gedanken. Denn außer den Tyrannen von Syrakus ist nicht einer von den andern griechischen Herren wert, mit Polykrates verglichen zu werden an Großzügigkeit und Glanz. Und als Oroites ihn eines Todes hatte sterben lassen, den ich nicht erzählen mag, hängte er ihn ans Kreuz. Aus seinem Gefolge aber ließ er die Samier gehen und verlangte, sie sollten ihm Dank wissen, daß sie nun freie Leute seien, alle Fremden aber und Diener aus dem Gefolge erklärte er zu Sklaven und behielt sie. Polykrates aber, da er am Kreuz hing, erfüllte alles, was seine Tochter gesehen; denn er wurde gebadet von Zeus, wenn es regnete, gesalbt von der Sonne, indem aus seinem eignen Leib der Saft austrat. Ein solches Ende nahm es mit Polykrates' großem Glück, so wie es Amasis, der König Ägyptens, ihm vorausgesagt.