Index.htm Messung des Erdumfangs Poseidonios ca 150 v.C.
Aus Kleomedes, Kreistheorie der Gestirne, Buch 1, Kap. 10.
 

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Eratosthenes

Poseidonios

Kleomedes

Rhodos

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Über die Größe der Erde bestehen bei den Physikern verschiedene 
Auffassungen. Besser als die übrigen sind die von Poseidonios und Eratosthenes. Eratosthenes schließt durch geometrische 
Betrachtungen auf die Größe der Erde, die Betrachtung des 
Poseidonios aber ist einfacher. Jeder von ihnen gelangt auf Grund 
gewisser Voraussetzungen durch Schlußfolgerungen zu seinen 
Ergebnissen. Wir wollen zunächst die Ableitung des Poseidonios 
erörtern.

Es heißt, daß Rhodos und Alexandria auf dem gleichen Meridian 
liegen. Meridiane sind solche Kreise, die von Pol zu Pol gehen und 
über den Scheitel des Beobachters hinweggehen. Die Pole sind für 
alle Beobachtungsorte die gleichen, der Punkt über dem Scheitel des 
Beobachters dagegen hängt von der Lage des Beobachtungsortes ab. 
Daher lassen sich unendlich viele Meridiane konstruieren. Rhodos 
und Alexandria nun liegen unter demselben Meridian. Der Abstand 
zwischen den beiden Städten wird auf 5000 Stadien geschätzt. Es 
möge voraus geschickt werden, daß das zutrifft. Alle Meridiane sind 
nun Teile von Großkreisen des Himmelsgewölbes. Sie gehen durch 
die Pole und teilen das Himmelsgewölbe in zwei gleiche Teile. Nun 
teilt Poseidonios den Tierkreis, dessen Länge den Meridianen gleich 
ist, da ja auch er die Welt in zwei gleiche Teile teilt, in achtundvierzig gleiche Teile, also jedes Zwölftel des Tierkreises in vier gleiche Teile. Wenn nun auch der Meridian von Rhodos und Alexandria in achtundvierzig gleiche Teile geteilt wird, so sind diese Teile ebenso groß wie die Teile des Tierkreises. Denn wenn gleiche Größen in gleichviele gleiche Teile geteilt werden, so sind auch diese Teile einander gleich. Poseidonios sagt nun, daß im Süden ein sehr heller Stern der Kanopus im Steuer des Schiffes Argo sei. Dieser kann in Griechenland nicht gesehen werden. Daher erwähnt seiner auch Aratos in den "Phaenomena" nicht. Wenn jemand nun von Norden nach Süden geht, so erblickt er ihn zum ersten Mal in Rhodos, und zwar geht er infolge der Drehung des Himmels unmittelbar nach seinem Aufgang wieder unter. Sobald wir nun die 5000 Stadien von Rhodos gefahren und in Alexandria angekommen sind, hat der Stern zur Zeit seiner Kulmination eine Höhe gleich dem vierten Teile eines Zwölftels des Tierkreises, also gleich dessen 48ten Teile. Es folgt also, daß das Stück des Meridians, das über der Strecke zwischen Rhodos und Alexandria gelegen ist, der 48ste Teil des ganzen Meridians ist, weil der Horizont der Rhodier und der Horizont der Bewohner von Alexandria um den 48sten Teil des Bogens der Kreisperipherie voneinander abweichen. Da nun die Strecke auf der Erde, die diesem Bogen des Himmelsmeridians entspricht, auf 5000 Stadien geschätzt wird, so ergibt sich, daß auch die übrigen Strecken auf der Erde, die den übrigen 47 Teilen des Meridians entsprechen, 5000 Stadien lang sind. Und so wird die Länge des größten Kreises der Erde zu 240000 Stadien gefunden, 
vorausgesetzt, daß Rhodos von Alexandria 5000 Stadien entfernt ist. 
Wenn dies aber nicht der Fall ist, so verändert sich dementsprechend der Umfang der Erde.